Traumatas neigen dazu, sich zu verbinden, das nennt man in der Fachsprache Traumatic Bonding.
Hier findet auch das berühmte Töpfchen sein Deckelchen. Solange ein Trauma noch nicht aufgelöst ist, wird es sich reinszenieren „müssen“. Wir sprechen hier in erster Linie von Entwicklungstraumata, bei denen destruktive Beziehungsmuster in die Nervenbahnen eingefahren wurden, um zu überleben.
So findet man dann unbewusst, gegenseitig und oft sehr „treffsicher“ den Partner, der die eigene Traumageschichte triggert, bzw wo man diese „gut“ reinszenieren kann. Diese Reinszenierung ist der Versuch des Emotionalkörpers, einerseits sich selbst zu heilen, indem man sich (unbewusst) immer wieder Situationen kreiert, wo diese ungefühlten Gefühle zum Vorschein kommen können, und andererseits die destruktiven Muster abgespielt werden, weil es (noch) nichts anderes gibt.
Hier kann das erwachsene „Ich“ ins Spiel kommen, welches die Situation ganz bewusst im Hier und Jetzt erlebt, ohne zu reagieren, im klaren Bewusstsein, dass das Erlebte mit dem heutigen Moment nichts zu tun hat. Das setzt natürlich eine gefestigte und reife „Ich“- Struktur voraus, und einen eben solchen Partner, wo das ganz offen und authentisch kommuniziert werden kann, ohne sich daran „abzuarbeiten.“
Dabei ist es wichtig, sich nicht zu viel zuzumuten, und sich in angemessener Form auch mal abzugrenzen.
Es gilt insbesondere hier die Prämisse, „Liebe ist oft eine Frage des richtigen Abstandes.“
Oft ist man jedoch damit überfordert, so dass es ein therapeutisches Setting braucht, in dem der Therapeut sich genau entgegengesetzt der eigenen Beziehungsmuster verhält. So können konstruktive Muster erfahren werden, und das Alte kann sich zunehmend verabschieden.
Im Falle von ausgeprägten Entwicklungstraumata kann es sein, dass gar keine Paarbeziehung möglich ist. Diese Menschen findet man oft in sozialen Berufen, weil der Mensch ganz ohne Beziehung nicht auskommen kann. Dort gibt es jedoch keine egalitären Beziehungen, es gibt immer eine Hierarchie zu den Schutzbefohlenen, man hat sozusagen immer die Kontrolle.
Man lebt dann meistens alleine, bzw mit Tieren, oder auch in einer sozialen Einrichtung. Hier kommt die Wichtigkeit von Gemeinschaft in jedwelcher Form zum Vorschein, denn die zunehmende Vereinzelung in der heutigen Gesellschaft fördert genau diese destruktiven Strukturen.
Natürlich sollte es eine Gemeinschaft sein wo man auf der Basis von Freiwilligkeit und gegenseitiger Fürsorge miteinander sein kann.
Dann gibt es noch das Phänomen, dass Menschen lange Zeit in manchmal sehr destruktiven Beziehungsstrukturen verbleiben. Menschen aus dem näheren Umfeld reagieren da oft mit viel Unverständnis.
Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass das Unbekannte, und vor allem das Alleinsein immer auch mit viel Angst verbunden ist. Es kommt einer Todesangst gleich, denn in unserem limbischen System ist es noch abgespeichert, dass die Lösung aus der Sippe dem Tod gleich kommt.
Dann nimmt man doch lieber das Vertraute und oft sehr Destruktive, Gewaltvolle in Kauf. Sich da zu lösen, kann oft zur Lebensaufgabe werden und braucht professionelle Hilfe und absolut sichere Ersatzstrukturen. Allen Betroffenen sei gesagt, diese Hilfen gibt es, auch wenn sie nicht immer 100% adäquat sind. Suchen Sie sich mehrere Vertrauenspersonen, das sind wichtige Ressourcen.
Last but not least möchte ich eine eigene Erkenntnis weitergeben, dass es sich wirklich lohnt, immer wieder der Frage nachzugehen, was es für eine ausgeglichene, liebevolle Beziehung braucht. Denn das Triggern eines Entwicklungstrauma führt einem selbst oft in Rage, dabei kann einiges an „Beziehungporzellan“ zu Bruch gehen.
Eine Folge kann dann sein, dass man Angst vor dieser zerstörerischen Kraft bekommt, und die eigene Lebensenergie dadurch „abwürgt“. Das hat das Gegenteil einer authentischen Beziehung zur Folge, von der emotionale Kommunikation bleibt dabei auf der Strecke.
Im tantrischen Kontext spricht man von Vereinigung von Shiva und Shakti, also Bewusstsein und Energie, in sich selbst. Das hat mit der Sehnsucht nach Verschmelzung in einer romantischen Beziehung nichts zu tun. Dieser Sehnsucht liegt zumeist eine unerfüllte Beziehung mit einer der primären Bezugspersonen zugrunde.
Sowohl die westlichen Methoden als auch das althergebrachte Tantra halten Wege bereit, um sich davon zu lösen. Das führt zu Beziehungen, die frei sind von Co-Abhängigkeiten, und der Weg zur Transzendenz, zu spirituellen Erfahrungen ist geebnet.
Traumata haben teils sehr gravierende Auswirkungen auf allen Ebenen des menschlichen Seins. Das kann sowohl auf der psychischen, als auch auf der körperlichen und sogar mentalen Ebene sein, und teil- oder auch zeitweise unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Für all diese Auswirkungen gibt es zumindest einen „guten Grund“, sie sichern (zunächst) das Überleben.
Entwicklungstrauma verändern die Persönlichkeit, man entwickelt z.B. ein mehr oder minder stark ausgeprägtes „strategisches Ich“, dessen Aufgabe es ist, Menschen dazu zu bringen, einem das zu geben, was man als Zuwendung versteht. Das entsteht aus dem Glaubenssatz, dass man nicht geliebt werden kann „einfach so“, weil man „ist“. Dazu gehört auch das „angepasste Ich“, ein Resultat des Glaubenssatzes, dass man nicht „richtig“ ist, so wie man ist, um geliebt zu werden. Man muss sich erst gewisse Eigenschaften aneignen, oder sehr „beliebt“, gewisse Leistungen erbringen, um Zuwendung zu erhalten.
Daraus resultieren sogenannte „Gefühlsautobahnen“ im limbischen System, mit einem vorherrschenden Gefühl, wie z.B. Wut, Trauer oder auch Angst. Diese Gefühle sind in ihrer Grundform sehr hilfreich in akuten Lebensituationen, in Zusammenhang mit einem Trauma „verselbständigen“ sich diese jedoch, und werden zum beherrschenden Lebensgefühl.
Was man klassischerweise insbesondere von Schocktraumata kennt, das sind die posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS), wo oft auch ohne Auslöser Zustände wie z.B. Panikatacken aufkommen können. Wenn es Auslöser gibt, können diese sehr banal und alltäglich sein, wie z.B. ein Geruch, Geräusch, oder ein Blick. Man fühlt sich in so einem Moment existentiell bedroht (es ist oft vergleichbar mit Todesangst), oder man dissoziert, d.h. man schneidet sich vom Fühlen ab. Zumeist geht das Eine in das Andere über.
Wenn man einen inneren Bereich definiert, in dem man sich wohl und ausgeglichen fühlt, so ist dieser bei traumatisierten Menschen recht eng. Man ist meist entweder in einer Art Übererregung, oder das System bricht zusammen und es gibt einen Zustand von Leere und Antriebslosigkeit.
Trauma geht mit einer permanenten Aktivierung des autonomen Nervensystems einher, man ist unterbewusst auf „Gefahr“ eingestellt. Dieser hohe Erregungszustand führt zu chronischen Muskelspannungen, und viele Forscher sehen hier auch eine hohe Gefährdung für Autoimmunerkrankungen oder Krebs.
Weil Traumata auch teils sehr massive Schlafstörungen auslösen können, ist dann das Immunsystem, die Arbeitsfähigkeit, Lebensqualität und die gesamte Persönlichkeit teil- bzw. zeitweise stark beeinträchtigt.
Eine sehr markante Auswirkung von Trauma ist die Fragmentierung der Persönlichkeit, d.h. es gibt konstruktive und destruktive, kindliche und erwachsene Teile, man ist oft mehr bei den anderen als bei sich selbst.(Stichwort „Gefahrenabwehr“) Hinzu kommt, dass man oft auch von der Welt der Gefühle abgeschnitten ist, und wenig Bezug zum eigenen Körper hat.
Doch die „frohe Botschaft“ ist, ein Trauma lässt sich auf nicht konfrontativem Wege sehr gut transformieren und die Lebensqualität wiederherstellen!
Dieser Begriff ist oft mit Halbwissen belegt, man stellt sich da am ehesten Soldaten vor, die Kriegsgeschehnissen ausgesetzt waren. Das (wohl einzig) Positive daran ist, dass eben durch die entsprechenden Bundeswehreinsätze dieses Thema hierzulande erst richtig Aufmerksamkeit erregt hat.
Ein Trauma muss nicht immer ein katastrophenartiges Ereignis sein, schon ganz „alltägliche“ Dinge, wie z.B. ein Krankenhausaufenthalt, insbesondere bei Kindern, kann traumatische Folgen haben.
Man kann generell sagen, dass Lebenssituationen, die emotional überwältigend waren, insbesondere wenn eine innere Starre eingetreten ist, eine ungelöste Ladung im Körper hinterlassen haben.
Oft können diese Ereignisse gar nicht bewusst erinnert werden, sie wandern (auch teilweise) ins implizite, unbewusste Gedächtnis. Das ist, wie viele andere, eine Schutzfunktion des Gehirns, ohne die unsere Art wahrscheinlich nicht überlebt hätte.
Von daher ist offensichtlich, dass der Versuch, diese über gesprächstherapeutische Massnahmen zu lösen, zum Scheitern verurteilt sein muss. Es kann sogar kritisch werden, weil dadurch eine neue Überwältigung drohen kann.
Die traumatherapeutische Forschung hat hervorgebracht, dass die nicht konfrontativen Methoden, das Trauma über den Körper zu bearbeiten, am erfolgreichsten sind.
Man unterscheidet mittlerweile auch zwischen unterschiedlichen Formen von Traumata. Augenscheinlich gliedern sich diese über ihre Entstehung, noch viel wichtiger erscheint mir, diese von der Warte der Auswirkungen zu betrachten, insbesondere, wenn sich diese miteinander kombinieren.
Schocktrauma
Das ist das, was im allgemeinen gemeint ist, wenn über das Thema Trauma gesprochen wird. Es handelt sich hierbei um ein einzelnes Ereignis, welches als emotional überwältigend erlebt wurde.
In der Regel geht das mit Gewalteinwirkung einher, jedoch nicht zwangsläufig. Ein sexueller Missbrauch kann z.B. mit viel Freundlichkeit beginnen, und die Grenzen werden fast unmerklich überschritten, zumal solch ein Missbrauch sehr oft im familiären Umfeld passiert.
Generell gilt, dass ein Mensch mit einer stabilen „Ich“-Struktur i.d.R. gute Ressourcen hat, um ein Schocktrauma zu bewältigen (natürlich mit entsprechender Unterstützung).
Entwicklungstrauma
Hierbei handelt es sich um die (leider) verbreitetste Form von Traumata, dieses hat eine völlig andere Auswirkung auf das Nervensystem.
Es entsteht z.B. aus einem wiederholten Alleingelassensein in ganz jungen Jahren, vom Säuglingsalter an. Das ist oft bedingt aus der früher oft verbreiteten Annahme, dass es für die Entwicklung von Kinder hilfreich sein kann, wenn man diese teilweise auch länger schreien lässt.
Diese Traumata werden durch Eltern begünstigt, die selbst in jungen Jahren keine adäquate emotionale Versorgung erfahren haben.
Das, was ein emotional ausgeglichener Elternteil instinktiv weiss und spürt, ist mittlerweile auch wissenschaftlich belegt, dass nämlich das unreife Nervensystem des Babys/Kleinkindes das stabile Nervensystem des Erwachsenen braucht, um sich emotional regulieren zu können.
Da passiert dann auch ein instinktiver Lerneffekt, und dieser Mensch kann sich dann als Erwachsener in den allermeisten Fällen gut selbst emotional regulieren, ohne sich z.B. Zigaretten, Alkohol oder (übermässig) Süssigkeiten zuführen zu müssen.
Generationenübergreifendes Trauma
Man weiss mittlerweile aus der epigenetischen Forschung, dass Traumata auch auf der genetischen Ebene weitergegeben werden können. So sind z.B. wir in Zentraleuropa, bzw. gerade in Deutschland davon viel stärker betroffen, als die Menschen, die seit Generationen in weitestgehend kriegsfreien Gegenden leben.
Ein weiteres Thema hierbei ist sicher auch das Patriarchat, welches hierzulande zwar scheinbar latent, aber immer noch sehr präsent ist.
Sekundärtrauma
Davon betroffen sind insbesondere Menschen, die entweder durch ihre berufliche Tätigkeit potentiell traumatisierenden Situationen ausgesetzt sind, oder man wird zufällig Zeuge von entsprechenden Ereignissen. Das sind sowohl Polizisten, Feuerwehrleute und andere helfende Berufe, als auch Therapeuten.
Erfreulicherweise gibt es eine zunehmende Bewusstheit darüber, so dass Menschen aus einschlägigen Berufsgruppen auch traumatherapeutische Ausbildungen durchlaufen.
Soziales Trauma
Hier spricht man einerseits von traumatischen Ereignissen, die eine (grössere) Gruppe von Menschen betrifft, wie z.B. Naturkatastrophen oder Kriege, welche eine breite soziale Auswirkung zeigen.
Andererseits gehören hier auch die Situationen dazu, wo man Menschen aus dem näheren Umfeld verliert, ohne sich verabschieden zu können.